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Gelsenkirchen. Die Fahrten stagnieren beim Verkehrsverbund Rhein-Ruhr. Digitale Angebote sollen mehr Passagiere in die Züge locken. Im Sommer werden die Tarife vermutlich wieder angehoben, um Geld in die klamme VRR-Kasse zu spülen. Von Christian Schwerdtfeger

Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) droht mit massiven Fahrtenreduzierungen in seinem Streckennetz, sollte der Bund die jährlichen finanziellen Mittel nicht deutlich von derzeit 7,3 Milliarden auf 8,5 Milliarden Euro erhöhen. "Sollte das nicht passieren, führt das zu Betriebseinstellungen, weil das Geld nicht mehr reicht", sagte VRR-Chef Martin Husmann unserer Redaktion am Rande der Jahresbilanz des Verkehrsbetriebes, die am Donnerstag vorgestellt wurde. Mit Fahrtenreduzierungen meinte Husmann, dass die Bahnen deutlich weniger fahren als derzeit - insbesondere morgens und abends müssten dann Fahrpläne zusammengestrichen werden. Denkbar seien auch deutliche Erhöhungen der Ticketpreise, so Husmann.

Die derzeit 7,3 Milliarden Euro werden auf alle 16 Bundesländer verteilt. NRW erhält davon rund 19 Prozent. Husmann empfindet diese Verteilung, den sogenannten Kieler Schlüssel, als ungerecht. "Besonders die ostdeutschen Länder bekommen viel zu viel Zuwendungen für ihre Strecken", beklagte Husmann. "Dort fließt Geld in den Ausbau, wo kaum ein Zug fährt." Doch der Bund zögert seine Entscheidung über die Erhöhung der Mittel seit längerem schon hinaus. Der VRR-Chef sieht dadurch sogar den Nahverkehr generell gefährdet. "Das Aussitzen hat eine nachhaltige Beschädigung des Schienenpersonenverkehrs zur Folge", beklagte Husmann. Durch die Unterfinanzierung seien auch Straßen- und U-Bahnen gefährdet, die fast in allen NRW-Städten dringend saniert werden müssten. "Dafür ist derzeit kein Geld da. Sowohl Verkehrsbetriebe als auch Kommunen haben dafür keine Rücklagen, weil man die nicht bilden konnte", so der VRR-Chef.

Preise werden wahrscheinlich im Sommer erhöht

Damit der Nahverkehr dennoch leistungsstark bleibt, wird der VRR im Sommer mit sehr großer Wahrscheinlichkeit wieder die Tarife anheben. "Davon ist auszugehen", sagte VRR-Vorstand José Luis Castrillo. Zur Höhe der Preissteigerungen wollte er noch keine Angaben machen. Auch die geplante Verteuerung des Semestertickets für Studenten werde auf jeden Fall kommen. "Das hätten wir schon vor zehn Jahren machen müssen", betonte Husmann, der die Kritik an dem Vorhaben nicht nachvollziehen kann. "Es geht hier um eine Erhöhung, die nicht teurer ist als ein Bier." In anderen Bundesländern seien die Studententarife längst wesentlich höher.

Der VRR ist dringend auf neue Einnahmequellen angewiesen. Zwar stiegen die Ticketeinnahmen im vergangenen Jahr um 2,5 Prozent auf 1,148 Milliarden Euro. Dafür stagnieren aber die Fahrten im VRR-Raum. Für neues Wachstum soll eine digitale Offensive sorgen. Schon jetzt buchten viele Fahrgäste ihre Tickets über Apps auf ihren Smartphones, so Castrillo. "Das zeigt uns, dass genau in dem Bereich der Ansatzpunkt ist."Neben den Finanzen machen dem VRR auch weiterhin die Negativschlagzeilen über die S-Bahnlinien S 5 und S 8 zu schaffen. Die auf diesen Strecken neu eingesetzen Fahrzeuge lösten bei vielen Passagieren Verärgerung aus. Die Bahnen sorgten unter anderem wegen defekter Schließmechanismen an den Türen und zu wenig eingesetzter Züge für Verspätungen. Hauptkritikpunkt bleibt aber, dass die neuen S-Bahnen 20 Zentimeter niedriger als ihre Vorgänger sind, so dass einige Passagiere Probleme beim Ein- und Aussteigen haben. Darum plant der VRR, die Bahnsteige durch Erhöhungen des Gleisbetts im gesamten Netz den neuen Gegebenheiten anzupassen. "Das soll nach und nach geschehen", so Husmann.

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Quelle:http://www.rp-online.de/nrw/panorama/vrr...n-aid-1.4907424

Ich hätte gerne mal Zahlen, wo drin steht, wie das Geld vom Bund auf die Bundesländer verteilt wird.
Wenn das wirklich so ist, dass der VRR wenig Geld bekommt, bin ich ein bisschen enttäsucht vom Bund. Grade der Ruhrpott, wo Millionen Menschen wohnen und der ÖPNV eine große Bedeutung hat.

Im Artikel steht immerhin, dass NRW 19 % von den 7,3 Mrd. Euro bekäme (wobei der VRR sich das Geld natürlich mit den anderen Aufgabenträgern teilen muss). Geht man nach der Einwohnerzahl, müsste es eigentlich etwas mehr sein (17,587 Mio. / 80,767 Mio. = 21,77 %). Eine Erhöhung auf 8,5 Mrd. Euro bringt dem VRR natürlich nur etwas, wenn das Land NRW und darin wiederum der VRR von der Aufstockung auch einen Anteil erhalten. Einerseits wird gegen die vermeintlich ungerechte Verteilung und die östlichen Bundesländer gestänkert, andererseits aber nicht etwa ein anderer Verteilungsschlüssel, sondern eine Erhöhung der absoluten Bezugsgröße verlangt. Letzteres ist meiner Ansicht nach auch richtig, aber warum wird dann die ungerechte Verteilung der Mittel beklagt statt deren Höhe?

Die Sparmaßnahmen betreffen ja bei weitem nicht nur den VRR, sondern ganz Deutschland. Da hast du meiner Meinung nach allen Grund vom Bund enttäuscht zu sein, Dennis.
Denn obwohl die Regionalisierungsmittel seit 2008 (nachdem sie zwischen 2006 und 2008 gekürzt worden waren) stets erhöht worden sind, reicht das Geld ja hinten und vorne nicht. Die Faustformel "Wenn es eine Ausweitung der erbrachten Personenkilometer auf der einen Strecke geben soll, dann muss eben auf einer anderen gestrichen werden", von der ich vor einiger Zeit gelesen habe, dass sie in einem Bundesland (ich hab leider vergessen welches) gilt, zeigt das.

Wo die RP die 19% herhat, weiß ich ehrlich gesagt gerade nicht. Laut Regionalisierungsgesetz §5, Abs.3 bekommt NRW 15,76% der Mittel. Der Gesetzestext ist die meines Wissens aktuellste Fassung von 2008, vielleicht ist da per Verordnung etwas nachjustiert worden. Mit den 15,76% hätten NRW im vergangenen Jahr von insgesamt 7,299 Mrd.€ genau 1.151.052.300€ zur Verfügung gestanden, bei 19% wären es schon 1.386.810.000€. Der Unterschied ist ja doch schon signifikant.

Das Einfrieren der Mittel halte ich allerdings für fahrlässig. Denn anders als zu Beginn der Regionalisierung erhofft, sparen die Verkehrsverbünde durch Ausschreibungen nicht unbedingt im erhofften Rahmen, da steigende Personal-, Energie- und Trassenkosten ja auch für Wettbewerber gelten. Und gerade die Energie- und Trassenpreise werden ja so schnell auch nicht mehr sinken, sondern eher absehbar steigen. Verbunden mit der (theoretisch ja auch noch vorhandenen, wenngleich derzeit um 0 schwankenden) Inflation stehen die Aufgabenträger also vor dem Problem in Zukunft mit dem gleichen Geld weniger Leistungen bestellen zu können. Das führt zwangsläufig zu Abbestellungen, die fast immer den ländlichen Raum treffen. Das war ja in der Vergangenheit zu bewundern.
Ein Beispiel: Wie oben erwähnt sanken die Regionalisierungsmittel zwischen 2006 und 2008 um etwa 380 Mio. €. 2006 und 2007 wurden dann insgesamt rund 270 km Nebenstrecken, überwiegend in Ostdeutschland abbestellt (siehe hier). Außerdem setzte der VRR sein 420.000 Zugkilometer schweres Kürzungspaket um. Auch in Baden-Würrtemberg sind meiner Erinnerung nach Verkehre ausgedünnt worden, dafür hab ich aber auf die Schnelle keine Quellen gefunden.

Auch wenn auf dem Land (naturgemäß) nur wenige Leute Bahn fahren halte ich Kürzungen für absolut kontraproduktiv. Denn attraktiver Nahverkehr hat durchaus das Potential Fahrgäste anzulocken, wie Wikipedia vorrechnet: Zwischen 1998 und 2006 stiegen die Regionaliserungsmittel um 14%, die Zahl der Fahrgäste stieg aber um 27%. Sogesehen ist Schienenverkehr gelebter Klimaschutz und kann (sofern die Energie nicht gerade aus Niederaußem kommt) dabei helfen, etwa die Einsparungen an CO2, die man sich auferlegt hat, auch zu schaffen.

An der Neufassung des RegG kann man jetzt beobachten, wie Politik fuktioniert: Der Bundesrat bringt einen Gesetzentwurf (den mit der Erhöhung und Dynamisierung) ein, den die Regierungsmehrheit im Bundestag ablehnt. Die Bundesregierung legt daraufhin einen eigenen Entwurf vor (den mit dem Einfrieren der Mittel), der den BTag passiert, im BRat jedoch scheitert. Über kurz oder lang geht das Gesetz in den Vermittlungsausschuss. Am Ende wird wohl kein Vorschlag so aus dem Bundestag und -Rat gehen, wie er hineinkam, die Tatsache, dass beide Parlamente aber irgendwann einen Vorschlag erarbeitet müssen, dem beide zustimmen können, kann aber für das Ergebnis vorteilhaft sein: Die 16 Landesregierungen haben sich ja einstimmig auf die Ausweitung geeinigt, also werden sie hoffentlich auch im Vermittlungsausschuss keiner unveränderten Übernahme der Regierungsposition zustimmen.

Das dauert aber noch. Bis dahin könnten wir alle eines unserer verfassungsmäßigen Rechte wahrnehmen und unsere Bundestagsabgeordneten in ihren Bürgersprechstunden und in Briefen auf das Thema ansprechen, um zu zeigen, dass es jemanden interessiert. Verkehrspolitik und gerade die Finanzierung ist ja so ein Nischenthema (und dazu kompliziert), dass es am Großteil der Bevölkerung vorbeigeht. Die merkt oft erst was, wenn sie zur Arbeit doppelt so lange braucht, weil die heimische Regionalbahn nur noch alle zwei Stunden fährt.

Entschuldigt den Monolog, ich kann mich bei dem Thema einfach nicht kurzfassen.

@leon: "Denn attraktiver Nahverkehr hat durchaus das Potential Fahrgäste anzulocken, ...."

also wenn keine fahrgäste da sind, kann man auch keine anlocken.
ganz Meck.-Vorp. hat inzwischen weniger einwohner, wie gesamt Hamburg oder münchen.
die anzahl der landkreise wurde auf inzwischen 6 reduziert plus 2 kreisfreie städte, nämlich rostock und schwerin.

da ist doch klar, dass fahrten abbestellt werden. die anderen neuen länder haben zwar nicht so einen enormen
bevölkerungsrückgang, wie MV, aber sie sind überall mehr rückläufig als in den 16 alten ländern.