Guten Tag!

Mülheim an der Ruhr ist eine mittelgroße, beschauliche Stadt im südwestlichen Ruhrgebiet, an der Grenze zum Ballungsraum Düsseldorf. Aufgrund der stark ländlichen Bebauung in vielen Stadtteilen glaubt man garnicht, das man hier mitten im Ruhrgebiet sich befindet - Fördertürme sucht man hier nämlich vergebens. Dies ist auch mit einer der Gründe, weshalb Mülheim vor einigen Jahren noch die beliebteste Wohnstadt im Ruhrgebiet war.
Doch der Schein trügt: Die Stadtkassen sind leer und die Stadt spart wo es nur geht, was die Wohnqualität mindert und eine schleichende Abwanderung provoziert.

Das die Sparpläne auch nicht vor dem ÖPNV Halt machen, dürfte vielen hier bekannt sein. Erst im vergangenen Jahr wurden Pläne bekannt, im ÖPNV EUR 7 Mio. einzusparen. Eine horrende Summe, die aus meiner Sicht absoulut unrealistisch erscheint. Nach harscher Kritik von Bürgern wurden die als "Netz 23" bekannten Pläne wieder zurückgenommen, dennoch ist das ÖPNV-Problem weiterhin ungelöst.

Wie kann also ein Ausweg aussehen?

Nun, um diese Frage zu klären muss man sich zunächt einmal mit der Geschichte des Mülheimer ÖPNVs auseinandersetzen, um zu verstehen wie es zu dem jetzigen Zustand mit im Prinzip 3 Systemen kommen konnte:

- Die orginäre Spurweite der Mülheimer Straßenbahn beträgt 1000mm, die sogenannte Meterspur. Diese Spurweite wird auch heute noch im Großteil des Streckennetzes sowie in den Nachbarstädten Oberhausen und Essen verwendet.

- Die Speldorfer Linie 1 (ab 1980: 901) gehörte seit Anbeginn zur Duisburger Straßenbahn und war daher schon immer normalspurig. Dadurch bedingt, muss auf gemeinsam mit Meterspurlinien genutzten Strecken (ehemals Rosendahl - Stadtmitte, ab 2000 Ruhrtunnel) Vierschienengleis verlegt werden.

- Mitte der 1970er Jahre wurde die Strecke der Linie 8/18, die teilweise in der Mitte des Ruhrschnellwegs lag, ausgewählt und zur "Stadtbahn-Modellstrecke" als U18 ausgebaut. Zwischen Heißen Kirche und Mülheim-Zentrum erfolgte dabei eine Neutrassierung, da die alte Strecke im Straßenplanum lag. Dabei wurde diese Strecke entsprechend den Vorgaben zur Stadtbahn Rhein-Ruhr auch auf Hochbahnsteige und Normalspur umgerüstet. Anders als bei der 901 wurde dabei allerdings Eisenbahnprofil verwendet, d.h. die Rillenschienen lagen weiter auseinander. Unteranderem auch deshalb fehlt bis heute am Mülheimer Hbf eine Weichenverbindung zwischen den beiden normalspurigen Linien 901 und U18.

Wie man sieht, gab es in Mülheim schon immer normalspurige Strecken, die von einigen Politikern vorgeschlagene komplette Umspurung ist also zumindest aus meiner Sicht absouluter Unfug.

Aber wie kann eine Zukunft mit der Normalspur aussehen? Nun, aus meiner Sicht gibt es da zwei Varianten:

Variante 1: Man nimmt hin, dass die 901 für ewig ein Fremdkörper im Mülheimer Schienennetz bleiben wird, und spurt die U18 sowie die Essener U11/U17 auf Meterspur um.

Variante 2: Man baut die 901 zur U91 aus und verlängert sie westlich bis zur Christianstraße. In östlicher Richtung wird der Ruhrtunnel bis Speldorf Bahnhof mit neuem U-Bahnhof unter der Hochschule Ruhr-West verlängert und die U18 wendet künftig an der Hochschule Ruhr-West. Die verbleibenden oberirdischen Haltestellen im Zuge der Duisburger Straße werden sukzessive mit Hochbahnsteigen nachgerüstet.

Da im Ruhrtunnel künftig "richtige" Hochbahnsteige benötigt werden, wird die 102 aus dem Ruhrtunnel herausgenommen und verkehrt wieder wie vor der Inbetriebnahme selbigen zwischen Rosendahl und Hauptbahnhof (Rampe Bahnstraße) oberirdisch. Im Süden wird sie zur Saarner Kuppe anstatt zum Uhlenhorst geführt.

Die Strecke zum Flughafen wird reaktiviert und über Essen-Haarzopf bis zur Wickenburgstraße ausgebaut, wo sie an die heutige Betriebsstrecke anknüpft.

Erstere Variante fände ich persönlich zielführender, da die Essener Seite eine Erweiterung des Stadtbahn zum Büropark Bredeney plant. Daher kann man davon ausgehen, dass die Essener Seite einer Umspurung der U18 nicht zustimmen wird. Zudem würde man damit auch den fatalen Fehler begehen, sich die Chance einer leistungsfähigen Anbindung der Hochschule Ruhr-West unwiederbringlich entgehen zu lassen!

Zur besseren Übersicht habe ich die Variante 2 auch nochmal in einem schematischen Netzplan dargestellt:



Und was meint ihr?

Gruß,
Lukas

Puh. Eine Verlängerung des Ruhrtunnels bzw. generell eines ÖPNV-Tunnels in Mülheim erscheint mir doch als ziemlich unwahrscheinlich. Eher sähe ich die komplette Einstellung des Schienenverkehrs dort kommen als sowas.

Mülheim kann m.E. bei der Verkehrsplanung aber nicht auf Dauer aus der Reihe tanzen, da

1. ...im neu gewählten Stadtrat die Grünen nun deutlich stärker sind (MBi dafür etwas schwächer) und somit dem Thema ÖPNV deutlich mehr Beachtung geschenkt werden dürfte.

2. ...die Bezirksregierung bereits in der Vergangenheit deutlich gemacht hat, dass sie eine komplette Einstellung des Schienenverkehrs nicht hinnehmen wird. Zwar wurde die Einstellung des Styrumer Astes der 110 wider Willen abgenickt, da es rechtlich nichts zu beanstanden gab, aber der 2012 außer Betrieb genommene Flughafenast ist bis heute nicht offiziell stillgelegt und zur geplanten Stillegung des Kahlenbergastes läuft aktuell ein Gerichtsverfahren!

Gruß,
Lukas

Wichtig wäre eine Rückkehr des durchgehenden 10-Minuten-Taktes insbesondere auf der 102 und 112, sowie der Bau der Strecke nach Saarn.

Gab es nicht nach dem Netz 23 noch Bestrebungen die 901 an der HRW abzubinden (wäre verkehrlich sehr miserabel) um sich die doppelte Zugsicherung zu ersparen? Was ist daraus geworden?

Zitat von Dominik Wendt im Beitrag #4

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Wichtig wäre eine Rückkehr des durchgehenden 10-Minuten-Taktes insbesondere auf der 102 und 112, sowie der Bau der Strecke nach Saarn.

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Zitat von Dominik Wendt im Beitrag #4

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Gab es nicht nach dem Netz 23 noch Bestrebungen die 901 an der HRW abzubinden (wäre verkehrlich sehr miserabel) um sich die doppelte Zugsicherung zu ersparen? Was ist daraus geworden?

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Zitat von Lukas Gremer im Beitrag #5

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Ja gab es, die 901 würde dem Fall künftig an der Königstraße wenden.
Eine Partei hatte sogar Pläne präsentiert, die 901 wieder oberirdisch an der Stadtmitte enden zu lassen (und die 102 weiter durch den Tunnel zu schicken, was für ein Blödsinn).
Glücklicherweise wurden aber derlei Pläne wie auch der gesamte Entwurf "Netz 23" wieder fallen gelassen.

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Ich finde es sogar sehr wichtig, dass Mülheim dieses Thema jetzt angeht und nicht weiter im Ruhrtunnel (in seiner derzeitigen Form) weiter Geld verbrennt.
Jetzt wäre der passende Zeitpunkt für einen Ausstieg, da die Zugsicherung ohnehin gerade erneuert wird.

Mülheim hätte sich die Stadtbahn nicht leisten dürfen. Dennoch fände ich es in der aktuellen, festgefahrenen Situation, besser die Stadtbahn durch den Ruhrtunnel nach Duisburg zu erweitern ggf. mit einer kurzen Verlängerung des Ruhrtunnels. So wären alle wichtigen Punkte in der Stadt (RRZ, Hbf, Stadtmitte, Hochschule Ruhr-West) auf einen Schlag gelöst, dadurch würde auch die Auslastung des Ruhrtunnels wahrscheinlich steigen.

Wenn die Lokalpolitik das aber nicht möchte, dann bliebe tatsächlich nur die Stillegung des Ruhrtunnels, verbunden mit einer Umspurung der U18, übrig.
Der gordische Knoten wäre aber nicht der Ruhrtunnel, sondern die Strecke der U18 in Heimaterde und Heißen. Zwar ist auch dort die stadtbahnartige Trassierung teuer und aus heutiger Sicht überdimensioniert, dennoch weiß niemand so wirklich wo eine alternative Trasse langführen könnte. Daher kann man auch hier davon ausgehen, dass die aktuelle Trasse inklusive Tunnel erhalten bleibt - nur in Zukunft halt als Straßenbahn.

Gruß,
Lukas

Zur Problematik Normalspur bei 901 und U18: Bedeutet "Eisenbahnprofil", dass die Rillen breiter sind? Denn Normalspur ist an sich ja Normalspur und die Schienen sollten nicht weiter auseinander liegen.
Welches Problem haben die Politiker eigentlich mit der Existenz zweier Spurweiten in ihrer Stadt?

Warum ist die Strecke zum Flughafen eigentlich so relevant für die Bezirksregierung? Das ist doch auch nur ein popeliger Verkehrslandeplatz wie in Mönchengladbach, oder hat der nennenswerte Passagierzahlen? Da erwarte ich von Styrum deutlich mehr Nachfrage.

Grundsätzlich ist ein Tunnel für eine Kleingroßstadt wie MH eigentlich Overkill. Ich glaube auch, dass wir in Deutschland noch wegkommen müssen von dem Gedanken, oberirdische Straßen- oder Stadtbahnen in Tunnel zu verbannen. Auch das Bestreben, innerstädtisch unbedingt auf eigenem Bahnkörper unterwegs sein zu müssen, ist eigentlich nur dem Umstand geschuldet, dass man die Autofahrer nicht verbannen will. Die Franzosen zeigen uns seit Jahren, wie man Straßenbahnen richtig in die Städte integriert.